Das Thomas-Mann-Gymnasium in Reinickendorf
Gemeinsames Fastenbrechen
Ausgangslage
Konflikte rund um Religiosität entschärfen, religiösen Druck auf Mitschüler*innen abmildern und einen gemeinsamen Rahmen zu schaffen, in dem sich die Anliegen religiöser Schüler*innen wiederfinden: Auf Initiative der Schüler*innen wurde das Thomas-Mann-Gymnasium in Reinickendorf dafür im April des Jahres 2023 das beste Beispiel. Schüler*innen einer 7. Klasse kamen auf die proRespekt-Coachin Alev Kubat zu und wollten ein gemeinsames Fastenbrechen für ihre Klasse organisieren. Auf die Bekanntmachung des Fastenbrechens folgte eine begeisterte Verbreitung des Vorhabens und war in der ganzen Schule Thema. Das Fastenbrechen fand als gemeinsamer Abend für alle Schüler*innen und das gesamte schulische Personal statt. Das Lernen von demokratischer Teilhabe fand so nicht nur in der Theorie statt, sondern konnte mit den Schüler*innen in der Praxis durchgeführt werden und ist somit ein erfolgsversprechendes Projekt mit Zukunftsperspektive.
Ziel
Durch das Engagement und das Interesse der Schüler*innen an der gemeinsamen Organisation des Fastenbrechens konnte vermittelt werden, dass die Jugendlichen für ihre Interessen eintreten können und dürfen, sie damit Erfolg haben und auch Unterstützung bekommen. Es wurde ein Organisationskomitee gegründet, das jedoch nicht durch das Personal der Schule geleitet wurde, sondern durch die Schüler*innen, die ihre Stimme nutzen und ihre Anliegen formulieren und umsetzen konnten. Dem Wunsch, das Fastenbrechen nur für die Jugendlichen der Schule ohne Elternbeteiligung stattfinden zu lassen, wurde nachgekommen.
Mit Unterstützung und Selbstbestimmung konnte den Schüler*innen vermittelt werden, dass Demokratie auch in ihren eigenen Lebensräumen stattfindet und lernen, welche Wege sie nutzen können, um ihre eigenen Wünsche zu organisieren und zu einem etablierten Projekt zu entwickeln.
Umsetzung
Die Aufgaben wurden im Kulturkomitee aufgeteilt, das aus 15 Schüler*innen und zwei Müttern besteht. Die Einholung der Erlaubnis seitens des Schulleiters und die Organisation der finanziellen Unterstützung übernahm die proRespekt– Coachin Alev Kubat. Die Stiftung SPI unterstützte das Fastenbrechen mit der Kostenübernahme von Getränken und Geschirr. Die Schüler*innen kümmerten sich um die Speisen. Im Jahr 2022 gab es bereits ein Fastenbrechen für eine 7. Klasse, das durch die gute und aktive Klassengemeinschaft schnell organisiert werden konnte. Der Wunsch der Schüler*innen, das zweite Fastenbrechen für alle Jugendlichen zu öffnen, sorgte aufgrund der höheren Teilnehmendenzahl für eine längere Vorbereitungszeit, die jedoch intensiv und zielorientiert ablaufen konnte.
Die Bekanntmachung des großen gemeinsamen Fastenbrechens erfolgte über Rundmails und Aushänge in Form von Plakaten, der Flurfunk innerhalb der Schule war jedoch durch die große Begeisterung der Schüler*innen am schnellsten. Trotz auch vorkommender Kritik durch einen Teil des Kollegiums ließen sich die Organisator*innen, mit der Unterstützung der Schulleitung, nicht von ihrem Vorhaben abbringen.
Ergebnis
- Am 30.04.2023 fand das große Fastenbrechen für alle nicht fastenden und fastenden Schüler*innen statt. Menschen unterschiedlicher Herkunft, religiöser und weltanschaulicher Wertevorstellungen fanden sich zum kulturellen Austausch zusammen, es wurden Rezepte ausgetauscht und es gab ebenso nicht-muslimische Schüler*innen, die an diesem Tag solidarisch mitfasteten.
- Insgesamt nahmen über 300 Schüler*innen teil, eine Veranstaltung in dieser Größe gab es in den letzten Jahren nicht im schulischen Kontext des Gymnasiums. Das Essen wurde durch die Teilnehmenden mitgebracht. Im Nachgang wurde das Fest durch das Lehrpersonal innerhalb der Klassen besprochen, vor allem der Aspekt, was die Schüler*innen bei einem möglichen nächsten Fastenbrechen anders machen möchten, wie die Beteiligung des Lehrpersonals noch größer werden kann und auch die Thematisierung des Wunsches der Jugendlichen, auch ohne Eltern gemeinsam zusammen feiern zu wollen, fand Eingang in die Besprechungen. Die Schüler*innen bekamen Zuspruch, eine so umfangreiche Organisation bewerkstelligt zu haben und fühlten sich motiviert, sich auch weiterhin für ihre Wünsche im Schulalltag zu engagieren.
Ausblick
Der Erfolg des gemeinsamen Fastenbrechens und der Gewinn des Austausches für alle Schüler*innen sollen in den kommenden Jahren als Projekt weitergeführt werden, dazu zählt auch die feste Etablierung eines Fest- bzw. Kulturkomitees. Um eine noch größere Beteiligung, auch innerhalb des Lehrpersonals gewinnen zu können, hat sich das Kulturkomitee vorgenommen, noch frühzeitiger mit allen Schulangehörigen in Kommunikation zu treten.
Infos zur Schule
Das Thomas-Mann-Gymnasium im Berliner Stadtteil Reinickendorf ist eine Kiez-Schule, bietet eigene Schwerpunkte für jede Klasse, die allen Schüler*innen die Chance bietet, nach ihren Potenzialen und Interessen zu lernen. Die pädagogischen Schwerpunkte bieten ein differenziertes Förderkonzept und ein durchgängiges Sprachbildungskonzept, zusätzlich gibt es einen Wirtschafts-Schwerpunkt. Seit 2019 ist die Schule proRespekt-Programmschule und nutzt die Zusammenarbeit, um mit ihren Schüler*innen die Möglichkeiten von Teilhabe und Beteiligung auf dem Weg zu einer demokratischen Schule zu erkunden und im Schulalltag zu etablieren.
Kontakt
Am Thomas-Mann-Gymnasium ist die proRespekt-Coachin Agnes Bojanowsky (seit 2020) tätig.
Alev Kubat arbeitete von 2021-2024 an der Schule und ist nun als proRespekt-Pilotin in Neukölln tätig.